Fahrbericht: Chevrolet Captiva 3.2 LT - Hoch hinaus

Die Hoffnungen in den Captiva sind groß. Zum ersten Mal gibt es von dem europäischen Chevrolet-Ableger einen SUV - auf Augenhöhe und mit moderner Technik. Ist der neue Captiva nur was für Sparfüchse?

Keine Frage: Die meisten werden sich beim neuen Captiva für den Dieselmotor entscheiden. Und auch angesichts der müden Fahrleistungen wohl nur wenige für den 2,4 Liter großen Benziner. Doch wie steht es mit dem 3,2 Liter-Triebwerk aus dem GM-Konzernregal? Gerade zusammen mit dem bei Chevrolet so druckvoll propagierten Gasantrieb könnte auch der große Captiva eine interessante Wahl sein.

Von außen ist das Captiva-Topmodell außer an den serienmäßigen 18-Zöllern nicht zu erkennen. Das Design des 4,63 Meter langen Chevrolets ist gelungen und stimmig. Fraglos ein großer Wurf - auch wenn man die Sportlichkeit der Studie S3X nicht ganz in die Serie gerettet hat.

Im Innenraum allerdings kann der Captiva das hohe Niveau der Außenhaut nicht ganz halten. Juvenil anmutende Instrumente treffen auf gelungen platzierte Bedienelemente. Nicht nur hier bietet der Koreaner neben Licht auch viel Schatten. Im Topmodell etwa gibt es bequeme Ledersitze - mit zu wenig Seitenhalt. Nur auf der Fahrerseite sind sie elektrisch zu verstellen. Auf der Beifahrerseite dagegen gibt es nicht einmal eine Sitzhöhenverstellung.

Eine gewisse Lieblosigkeit lässt sich auch an einzelnen Materialien, der einstufigen Sitzheizung und dem Fehlenden eines Navigationssystem erkennen. Obwohl ein großer Doppelschacht existiert, ist ein Routenfinder erst in Planung, eine Radio-Navigation Dank des überbreiten Moduls nicht möglich. Immerhin arbeitet GM nach eigenen Aussagen mit Hochdruck an einer Lösung. Denn wohl nur wenige Kunden in der Topklasse werden sich hierzulande mit der Saugnapf-Lösung in unserem Testwagen arrangieren können.

Das Platzangebot ist dagegen sehr ordentlich. Das gilt auch für die zweite Reihe, in der auch groß gewachsene Personen genügend Freiheit für Beine, Kopf und Schultern genießen.

Im Gegensatz zum bauähnlichen Opel Antara ist der Chevrolet Captiva auch als Siebensitzer zu ordern. "Wir rechnen mit einem Anteil der Siebensitzer von rund einem Drittel", sagt Chevrolet-Sprecherin Kirsten Lattewitz. Damit läge der Asienimport deutlich über dem Klassendurchschnitt. Bislang entscheiden sich bei uns in den SUV-Klassen nur wenige Kunden für eine dritte Sitzreihe. Sie muss man auch beim Captiva tapfer erklettern - und dann fühlt man sich dort erwartungsgemäß sehr eingeengt. Für Kinder bis 1,50 Meter sind die Notsitze akzeptabel - ansonsten sind eine Mogelpackung.

Der Kofferraum bietet zwischen 465 und 930 Liter – nicht gerade üppig, aber allemal ausreichend. Die Verarbeitung kann ebenso überzeugen wie die zahlreichen Ablagemöglichkeiten.

Der 3,2 Liter große Sechszylinder hat – leicht modifiziert - schon vor Jahren die Autobahnpolizei in ihren Opel Omegas bei der Verbrecherjagd unterstützt. Im Captiva kommt er nun zu Allradehren. Der Motor läuft ruhig und vibrationsarm und ist schon deshalb eine Alternative der Dieselversion. Doch bei einem Leergewicht von knapp zwei Tonnen hat auch der 169 kW/230 PS starke Sechszylinder alle Zylinder voll zu tun.

Doch die Abstimmung mit der Fünfgang-Automatik ist gelungen, wenn auch ein gutes Stück der Leistung im Wandler verpufft. Das maximale Drehmoment von 297 Nm bei 3.200 U/min liegt fast auf Niveau des Commonrail-Diesels. Und die Geräuschkulisse ist geradezu als sonor zu bezeichnen. 0 auf 100 km/h in unter neun Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von über 200 km/h lassen in jeder Fahrsituation die nötigen Reserven. Chevrolet verspricht einen Durchschnittsverbrauch von 11,5 Liter Super auf 100 Kilometern.

Ab November wird es den Captiva 3.2 V6 LT auch mit Gasantrieb geben. Der Tank wird im Unterboden des Hecks befestigt und schränkt die Nutzung des Innenraums somit nicht ein. Mit Gas lassen sich die Kraftstoffkosten deutlich senken - durchaus also eine Alternative für Benzin-Fans.

Auf der Landstraße präsentiert sich das Fahrwerk des asiatischen Allradlers als ausgewogen. Spürbare Wankbewegungen und eine zu indirekte Lenkung werden aber nicht nur den fahrdynamisch ambitionierten Piloten unangenehm auffallen. Auch die Bremse könnte sich etwas bissiger präsentieren. Doch Dank der Kombination aus McPherson-Federbeinen vorn und Mehrlenkerachse hinten kann man gerade längere Touren – auch bei schlechter Straße – ungestört genießen. Die Feder-Dämpfer-Abstimmung ist überaus komfortabel, jedoch nicht zu weich.

Die Kraftverteilung ist – ähnlich wie beim Volvo XC 90 – zu frontlastig. Bei normaler Fahrt werden 95 Prozent der Kraft an die Vorderräder übertragen. Die hintere Mitlaufachse tritt nur bei Schlupf an den vorderen Reifen in Aktion. Dadurch untersteuert der Captiva im Grenzbereich spürbar, wird bei Bedarf aber durch das serienmäßige ESP sicher eingebremst. Maximal können 50 Prozent der Kraft nach hinten transferiert werden. Ebenfalls Serie: eine Bergabfahrthilfe. Für weitere Sicherheit sorgen neben ESP und ABS auch reichlich Airbags, Bremsassistent sowie ein Überschlagschutz.

Wer zum Topmodell Captiva 3.2 V6 LT greift, muss sich von Schnäppchengelüsten verabschieden. Der souveräne Benzinervortrieb hat seinen Preis: mindestens 34.990 Euro. Und wer sich bei entsprechender Laufleistung für einen Gasantrieb entscheidet, legt nochmals 2.890 Euro drauf. Die Serienausstattung ist umfangreich, die Liste der Extras super-kurz. Dort fehlen insbesondere jedoch Xenonlicht - und eben das Navigationssystem.

    Siehe auch:

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